BGH entscheidet über die Berechnung der Wertminderung

In zwei aktuellen Entscheidungen vom 16.07.2024 (AZ: VI ZR 205/23 und VI ZR 243/23) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass es sich beim merkantilen Minderwert um eine Minderung des Verkaufswerts handelt, die trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines bei einem Unfall erheblich beschädigten Kraftfahrzeuges allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Kraftfahrzeuge besteht. 
Der Ersatz des merkantilen Minderwerts unterliegt nicht der Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, weil es sich bei dieser nach dem Gesetz (§ 251 Abs. 1 BGB)  zu zahlenden Entschädigung (ebenso wie bei nach § 249 BGB zu zahlendem Schadensersatz) nicht um eine Leistung gegen Entgelt handelt, es also am erforderlichen Austausch gegenseitiger Leistungen fehlt.
Grundlage für die Schätzung des merkantilen Minderwerts ist ein hypothetischer Verkauf des Fahrzeugs. Dabei ist von Netto-, nicht von Bruttoverkaufspreisen auszugehen.  Wurde davon abweichend der merkantile Minderwert ausgehend vom Bruttoverkaufspreis geschätzt, ist er in der Weise nach unten zu korrigieren, dass von ihm ein dem "Umsatzsteueranteil" entsprechender Betrag abgezogen wird.

BGH entscheidet über die Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten im Falle des sog. Werkstattrisikos

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist berechtigt, sein beschädigtes Fahrzeug zur Reparatur in eine Werkstatt zu geben und vom Unfallverursacher den hierfür erforderlichen Geldbetrag zu verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB). Der u.a. für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus Kfz-Unfällen zuständige VI. Zivilsenat hat über fünf Revisionen entschieden, in denen sich in unterschiedlichen Konstellationen die Frage stellte, wer das Risiko trägt, wenn der Unfallverursacher einwendet, die von der Werkstatt gestellte Rechnung sei überhöht (sog. Werkstattrisiko). 
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Der Senat hat nunmehr klargestellt (VI ZR 253/22), dass das Werkstattrisiko nicht nur für solche Rechnungspositionen greift, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Ansätze von Material oder Arbeitszeit überhöht sind. Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger sind vielmehr auch diejenigen Rechnungspositionen, die sich auf - für den Geschädigten nicht erkennbar - tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen. Denn auch insofern findet die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre statt. Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten.

Der Senat hat ferner entschieden (VI ZR 51/23), dass der Geschädigte bei Beauftragung einer Fachwerkstatt grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass diese keinen unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt. Er ist daher nicht gehalten, vor der Beauftragung der Fachwerkstatt zunächst ein Sachverständigengutachten einzuholen und den Reparaturauftrag auf dieser Grundlage zu erteilen. Aber auch wenn der Geschädigte ein Sachverständigengutachten einholt und die Auswahl des Sachverständigen der Werkstatt überlässt ("Schadensservice aus einer Hand"), führt allein dies nicht zur Annahme eines Auswahl- oder Überwachungsverschuldens.

Die Anwendung der Grundsätze zum Werkstattrisiko setzt nicht voraus, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Reparaturrechnung nicht beglichen hat, kann er - will er das Werkstattrisiko nicht selbst tragen - die Zahlung der Reparaturkosten allerdings nicht an sich, sondern nur an die Werkstatt verlangen (VI ZR 253/22, VI ZR 266/22, VI ZR 51/23)...

BGH: Vorteilsausgleich und Annahmeverzug in Dieselfällen

Nach den von der Rechtsprechung im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile anzurechnen, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind. Es soll ein gerech-ter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf einerseits im Hinblick auf das scha-densersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch an-zurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht un-angemessen entlastet. (BGH Urteil vom 17.01.2023, VI ZR 316/20)


BGH: Kein Schadenersatz für Daimler-Thermofenster

Allein wegen des Thermofensters in vielen Mercedes-Dieselmotoren haben klagende Autobesitzer noch keinen Anspruch auf Schadenersatz von Daimler. Selbst wenn es sich dabei um eine unzulässige Abschalteinrichtung handeln sollte, sei der reine Einsatz der Technik nicht sittenwidrig, urteilte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Denn anders als beim Dieselmotor EA189 von Volkswagen unterscheide die Software nicht danach, ob das Auto auf dem Prüfstand stehe. (Az. VI ZR 128/20) 


Land Nordrhein-Westfalen muss dem SC Pader­born gezahlte Gehälter erstatten

Das Land Nordrhein-Westfalen muss dem SC Paderborn das Gehalt eines Fußball-Profis erstatten, das der damalige Fußball-Erstligist während einer behördlich angeordneten zweiwöchigen Quarantäne gezahlt hatte. Dies hat das LG Münster in einem Urteil vom 15.04.2021 (AZ: 8 O 345/20) entschieden.

Sturz im Homeoffice kein Arbeitsunfall

Das Landessozialgericht (LSG) in seinem Urteil vom 09.11.2020 (Az.: L 17 U 487/19) entschieden, dass ein vom Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit zurückgelegte Weg weder als Weg zur Arbeit noch als Betriebsweg gesetzlich unfallversichert ist.

AG München zur Verletzung im Basketball

Das Amtsgericht München hat einem jugendlichen Basketballer Schmerzensgeld und Schadensersatz für eine Sportverletzung versagt (Urt. v. 28.07.2020, Az. 161 C 20762/19).  Anlass war das Fünf-gegen-fünf-Spiel im Training seines Basketball-Vereins. Gegen Ende wollte auch der Trainer der Jugendmannschaft noch eimal mitmischen und wechselte sich selbst ein. Bei einem Luftzweikampf - die Details sind umstritten - fand schließlich der Ellenbogen des Trainers den Weg ins Gesicht des 17-jährigen Klägers.

BGH bestätigt Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten bei Dieselfällen

In seiner Entscheidung vom 13.04.2021 (VI ZR 274/20) bestätigte der Bundesgerichtshof eine Entscheidung des OLG Köln, wonach die Beklagte auch die Finanzierungskosten, die der Kläger beim Erwerb des Fahrzeugs mit einer Abschalteinrichtung aufwenden musste, zu erstatten hat.